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Bill Bryson - Eine kurze Geschichte von fast allem (Buch)

Von Zeit zu Zeit nehme ich mir einen Schinken der aktuellen populärwissenschaftlichen Literatur vor um mal wieder einen Überblick über den - Achtung Pathos! - Stand des menschlichen Wissens auf möglichst breitem Spektrum zu erfahren. Der Titel dieses Buches suggerierte mit fast unverschämter Direktheit genau diesen Anspruch, er wäre ohne weiteres auch für eine Parodie zu diesem Genre denkbar.

Tatsächlich ist die "kurze Geschichte" ein äusserst süffiges Sachbuch, das mir Anfangs fast zu unwissenschaftlich und gewollt laienhaft vorkam. Das bekommt der Autor aber ziemlich schnell in den Griff und vollführt einen wilden Ritt durch allerlei "große Themen " wie Geologie, Paläonthologie, Molekularbiologie, Quantenphysik und dergleichen. Großen Anteil am Unterhaltungswert des Buches hat, dass man nicht nur das Wissen in Form der puren Fakten vor den Latz geknallt bekommt sondern in der Regel auch erfährt, wie "man" dort hingelangt ist, was man vor oft noch nicht allzulanger Zeit stattdessen geglaubt hat, mit was für Persönlichkeiten gewisse Errungenschaften verbunden sind und was für Hindernisse es auf dem Weg zum Wissen gab - nicht selten persönliche Animositäten, oft aber auch erschreckende Stümperhaftigkeit.

So erfährt man beispielsweise weswegen Charles Darwin seinerzeit seine legendäre Seereise zu den Galapagosinseln gemacht hat (nicht etwa grundsätzlich als Wissenschaftler sondern als Gesellschafter des Kapitäns der nicht über Monate hinweg nur von einfachen Matrosen umgeben sein wollte). Man erfährt dass seine Beobachtungen damals mitnichten so zielstrebig in Schlussfolgerungen umgemünzt wurden wie heute vermittelt wird, und zwar weil er sich größtenteils selbst im Wege stand. So hat er zwar eifrig Vogelzeichnungen auf seinen Reisen angefertigt, war aber nicht Ornithologe genug um die jeweils spezialisierten Finken als Angehörige einer einzigen Art zu identifizieren. Das hat viel später zuhause ein befreundeter Vogelkundler für ihn erledigt. Nicht genug damit, hat er doch im Überfluss auch noch vergessen genau zu notieren, auf welcher Insel er welchen Vogel beobachtet hat, was ihn überhaupt erst auf den Trichter mit Isolation und Spezialisierung hätte bringen können. Dieses Wissen musste er später mit gehörigem Aufwand rekonstruieren.

So schmökert man sich durch die Wissensgebiete und Jahrhunderte und entdeckt (und wiederentdeck) dabei so manchen spannenden Fakt, wie dem dass wir erdgeschichtlich eigentlich immernoch in einer Eiszeit leben, dass es in unseren Zellen ein kleines Ding namens Mitochondrium gibt, dass mit uns so wenig zu tun haben möchte dass es über Jahrmilliarden seine eigene DNA behalten hat, dass die Menschheit vor einigen zehntausend Jahren bereits einmal vor dem absoluten Exitus stand usw.

Wer das jetzt für trocken und langweilig hält den ... werde ich wohl kaum eines anderen überzeugen können (soetwas hab ich schon seit geraumer Zeit aufgegeben) , dem will ich aber dennoch sagen dass ich selten knapp 600 Seiten mit größerem Eifer und Interesse gelesen haben.

Kurzum: Wer wie für so etwas zu haben ist der darf das als Empfehlung verstehen.

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