(Sozusagen) über das Heimwerkeln
Seite 2 von 2Wo tatsächlich etwas dran ist, ist wohl die potentielle Gefahr der Entfremdung vom Sozialraum Arbeit. Ich glaube nicht das es eine gute Idee ist, 50% oder mehr der Arbeitszeit fern des gemeinschaftlichen Arbeitsplatzes zu verbringen, zumindest dann wenn der sonstige Bürobetrieb eines Unternehmens überwiegend "herkömmlich" passiert und es keine logistischen Herausforderungen bei der persönlichen Anwesenheit gibt.
In Unternehmen/Projekten mit einer weit verbreiteten Home-Office-Kultur mag das nicht zutreffen. Dies ist oft bei Software-Projekten der Fall, deren Team dezentral über den Globus verteilt ist, und welche sich überwiegend nur aus Online-Meetings kennen. Das muss nicht gut funktionieren, tut es aber offensichtlich oft genug, wie sich an dem Output solcher Projekte ermessen lässt. Canonical, das Unternehmen hinter dem "Ubuntu"-Betriebssystem (vielleicht hat ja mal jemand das eine oder andere Wort von mir dazu aufgeschnappt ;) ist ein gutes Beispiel, mit über 500 Mitarbeitern die über 35 Länder verteilt arbeiten, davon die meisten über die meiste Zeit von Zuhause. Hier isoliert sich natürlich niemand durch seine Heimarbeit, da sie zum "Guten Ton" gehört.
Kommen wir abschließend doch noch einmal zum Thema Kontrollverlust: Ja, Heimarbeit erfordert die Fähigkeit zum eigenständigen Arbeiten des Ausübenden, sowie das Vertrauen des Beauftragenden in eben diesen. Wer hier einen dramatischen Home-Office-Nachteil sieht überschätzt meiner Meinung nach ebenso dramatisch die Kontrollmöglichkeiten im Büro. Ein Mitarbeiter der "innerlich gekündigt" hat wird überall einen Weg finden nur so wenig Output wie möglich zu produzieren. Aber der ist dann hoffentlich ein Einzelfall der sich dann eben nicht für die Heimarbeit qualifiziert. Im anderen Fall sind wir wieder bei einem Ausschlusskriterium: Habe ich sowieso ein Problem allgemein mangelnder Moral (wie das wohl bei Yahoo der Fall war) dann lass ich es tatsächlich besser sein, suche mir als Personalverantwortlicher vielleicht sogar besser einen anderen Job.
Was bleibt unter dem Strich? Home Office ist nicht für jeden. Aber "done right" ermöglicht sie konzentriertes Arbeiten, vermeidet Staus und beschneidet nicht zwangsweise die Kreativität. Ja, sie spart (Fahr-)Zeit, Sprit und damit Geld. Und ja, sie macht zufriedene, loyale Mitarbeiter! :) Und wir alle sollten wissen, dass dies nicht nur "nice to have" ist sondern sich als Vorteil schwarz auf weiß in Bilanzen niederschlägt.
Mir muss erst noch ein überzeugendes, pauschales Gegenargument zur Heimarbeit unterkommen, aber ich wäre ich nach all den Jahren doch eher überrascht.
Ingo Sonntag 28. April 2013, 21:30
Und ja... die Gespräche an der Kaffeemaschine dienen auch meiner Erkenntnis nach in keinster oder kleinster Weise dazu, die eigene Kreativität zu fördern.
Guido Sonntag 28. April 2013, 21:40
Aber wir diskutieren hier ja nicht (darauf hat Herr Weise vortrefflich und ausreichend hingewiesen) über ein Ganz oder Garnicht.
Sehr erhellende Worte zum Thema, ich versuche das auch mal anzugehen, und auch ich fürchte um meine Selbstdisziplin. Aber wenn mans schafft (Hut ab) die eigene Planung so zu strukturieren, dass man sich Tätigkeiten speziell für die Heimarbeit zurechtlegt, dann sollte die Disziplin auch noch gelingen. Und eben, man (und die Kollegen) ist ja doch stets erreichbar und damit der Knowhow-pool anzapfbar.
Insofern hoffe ich ebenso, den Stau ein wenig verkürzen zu können, und sei's nur jede zweite Woche für nen Tag...
Zum Thema politische Diskussionen von Modethemen kann ich garnicht soviel fressen wie ich kotzen möchte ;-))
Oliver Montag 29. April 2013, 11:49
Danke für eure Zustimmung, Jungs! Die Kommunikation an Kaffemaschine/Wasserspender mag hilfreich sein, aber wie ich finde eher weniger in kreativer Richtung, sondern mehr darin die Kommunikation aufzuholen die man eigentlich längst hätte auf anderem Wege machen sollen. Ja, dabei sind manchem schon Schleusentore der Erkenntnis aufgestoßen worden :)
Das Argument mit dem "Da komme ich viel zu sehr in Versuchung, private Dinge zu machen" höre ich nicht zum ersten mal, ist aber vielleicht auch einfach Gewöhnungssache die Zeit im HO wirklich als Arbeitszeit zu empfinden und sich nicht allzusehr "zu Hause" zu fühlen. Ausserdem bin ich dagegen wohl sowieso immun, da ich in heimischen Dingen abartig faul bin und sowieso nur Aufgaben sehe auf die ich gerade keinen Bock habe ;)
Ingo Donnerstag 09. Mai 2013, 22:48
Aber zu solchen Extremen muss es ja nicht kommen. Alleine der Fakt, dass ich Zuhause einen Rechner benutze, der in keinem Firmennetz registriert ist, verzögert schon mal das Eintauchen in Probleme für die ich am letzten Ende dann doch "nur" bezahlt werde. Da finden sich dann Anwendungen drauf, die z.B. ganz dringen aktualisiert werden müssen oder gerade mal nicht so funktionieren, wie sie sollen, oder... oder... oder... Alles nicht wichtig, klar, aber auch sehr ablenkend.
Oliver Freitag 10. Mai 2013, 14:03
" Alleine der Fakt, dass ich Zuhause einen Rechner benutze, der in keinem Firmennetz registriert ist"
Dann habe ich wohl noch einen wichtigen Aspekt meiner HO-Architektur vergessen: Den Rechner. Ich benutze sowohl zuhause wie auch im eigentlichen Büro denselben Laptop, der entsprechend auch rein dienstlich eingerichtet ist. An beiden Orten klemme ich ihn an einen externen Monitor. Zuhause fahre ich noch das VPN hoch, über welches ich ins Firmennetz komme.
Zwei Rechner für Büro und HO habe ich bei anderen schon gesehen, halte ich aber tatsächlich für wenig praktikabel und eigentlich auch nicht wirklich vorteilhaft, da nur teurer und aufwändiger. YMMV.
Mein Setup hat auch den weiteren Vorteil, dass ich entsprechend nicht nur Zuhause mit meinen "Schlachtroß"-Rechner voll einsatzfähig bin, sondern im Grunde überall wo ich das Ding dabei habe. Das ist auch und gerade beim Kunden schonmal kriegsentscheidend.